Rheda-Wiedenbrück (pbm). Der 3-Meter-Sprungturm im Freibad Wiedenbrück ist nach ausführlicher und umfassender Auswertung des Praxistests wieder freigegeben.
Zum Start der Saison sind 1.000 Sprünge vom Drei-Meter-Sprungturm absolviert worden, um die sichere Nutzung des Sprungbereichs zu beweisen. Rund 200 Springerinnen und Springer hatten sich im Vorfeld registriert und führten eine Vielfalt von Sprüngen durch. Vom einfachen Fußsprung, mit und ohne Anlauf, über den Kopfsprung bis zum Bauchklatscher: Alle üblichen und auch weniger geläufigen Sprünge wurden von Profispringern ebenso wie von normalen Springern, von Kindern, Jugendlichen und von erwachsenen Schwimmerinnen und Schwimmern tausendfach durchgeführt.
Schwimmmeister, DLRG-Taucher im Becken sowie Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst begleiteten die Aktion. Sie mussten jedoch in keinem Fall eingreifen. Alle Sprünge wurden umfangreich mit Über- und Unterwasserkameras dokumentiert. Fachleute, darunter Rettungsschwimmer, Bäderexperten und Juristen, bildeten eine Bewertungskommission, die das Geschehen am Beckenrand verfolgte und anschließend das Filmmaterial sorgfältig auswertete.
Die Kommission hat keinerlei Gefährdungssituation festgestellt. Alle Sprünge waren sicher! Diese Einschätzung teilt die Fachverwaltung uneingeschränkt. Die Sprunganlage kann ohne Gefahr genutzt werden. Eine Verletzungsgefahr entsteht durch die nicht normgerechte Wassertiefe mit 3,62 Metern (statt 3,70 m) nicht. Die 1.000 dokumentierten Sprünge belegen damit objektiv die Erfahrungen bzw. den Beweis der letzten Jahrzehnte: Die Anlage kann sicher genutzt werden.
Nach Auswertung der durchgeführten Sprünge, der Filmaufnahmen und in Abwägung aller zu berücksichtigenden Aspekte empfehlen die Bewertungskommission und die Fachverwaltung „Bäder“ aus Gründen der zusätzlichen Berücksichtigung „versicherungsrechtlicher“ Aspekte und aus reiner Vorsicht zur „Beweissicherung“: 1. die Federwirkung des Sprungbretts abgesichert auf ein Minimum zu reduzieren und 2. eine Aufsicht für die Betreuung des Sprungturmes. Festgestellt werden kann, dass mit diesen Maßnahmen der Betrieb wieder möglich ist. Die Sprunganlage im Freibad Wiedenbrück kann in dieser Badesaison ohne Risiko betrieben werden.
Bürgermeister Theo Mettenborg zeigt sich sichtlich zufrieden mit dem Verlauf der eingehenden Prüfungen: „Es wurde umfassend dokumentiert. Der Praxistest zeigt, dass der Turm sicher genutzt werden kann. So wie es die letzten 60 Jahre der Fall war. Daher gebe ich den Sprungturm wieder für die Nutzung unserer Badegäste frei. Das Springen wird aber unter Hinzuziehung einer zusätzlichen Person erfolgen, die die Aufsicht führt. Diese Maßnahme erfolgt mit dem Ziel der zusätzlichen rechtlichen Absicherung und aus Versicherungsgründen.
Wir begrüßen ausdrücklich, dass der Geschäftsführer der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen den Verband DIN eingebunden hat. Die Dokumentation und die Gefährdungsbeurteilung werden der Kommission der Deutschen Gesellschaft für Industrienormen (DIN) übergeben. Die Stadt empfiehlt eine Überprüfung der theoretischen DIN-Festlegungen.“
Die Auswertung des umfänglichen Praxistests geht nun der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) zu. Die Verwaltung appelliert an die Gesellschaft und alle zuständigen Stellen, die Ergebnisse der Gefährdungsbeurteilung heranzuziehen und die DIN-Normen als derzeitigen „Maßstab“ für den Betrieb von Sprunganlagen in Bädern zu überprüfen.
Die schweizerische Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU) hat das Bewertungsergebnis der Stadt nach deren eigenen Erkenntnissen bestätigt. Auch in der Schweiz existieren zahlreiche Bäder mit einer 3,50 Meter tiefen Sprunggrube. Diese werden dort als bestandgeschützt und unbedenklich eingestuft. Eine Recherche der BFU hat ergeben, dass bisher kein Fall bekannt ist, bei dem diese Wassertiefe Ursache für einen schweren Unfall war.
Hintergrund
Bei einer Inaugenscheinnahme durch die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen waren im Winter acht fehlende Zentimeter Wassertiefe bemängelt worden. Die DIN EN 13451-10 legt fest, dass ein Sprungbecken unter einem 3-Meter-Turm eine Tiefe von mindestens 3,70 Metern haben muss. Das gilt seit November 2018. Die Sprunganlage besteht in dieser Form seit über 20 Jahren, der Turm war sogar schon 1959 errichtet worden. Es hat in der gesamten Zeit keine Verletzungsvorfälle aufgrund der Wassertiefe gegeben.
Aufgrund der Würdigung der DGfdB wird der Hinweis jedoch nicht außer Acht gelassen. Es wird nun darum gehen, eine Lösung für einen dauerhaft sicheren Betrieb der Sprunganlage zu finden.
DIN-Normen sind allgemein gültige Richtlinien. Es ist jedoch möglich, durch Gefährdungsbeurteilungen von den Normen abzuweichen. Bürgermeister Theo Mettenborg ordnete eine Gefährdungsbeurteilung und deren umfassende Dokumentation an, um eine Sperrung des Drei-Meter-Bretts zu vermeiden.




1000 Sprünge wurden auch unter Wasser dokumentiert. Nur bei 25 Sprüngen kam es zu leichtem Bodenkontakt. Alle Springer kehrten gesund und munter an die Wasseroberfläche zurück.