Gütersloh (gpr). Unter dem Titel „Use Gütsel – Plattdeutsch in Gütersloh“ sind jüngst rund 25 Gäste auf Einladung des städtischen Fachbereichs Kultur und des Stadtarchivs zusammengekommen, um die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der plattdeutschen Sprache in der Region zu diskutieren. Durch den Abend führte Dr. Nadine Wallmeier von der Universität Paderborn, die im Rahmen des Projekts „Dialektatlas Mittleres Westdeutschland (DMW)“ zur sprachlichen Vielfalt forscht. Auf dem Podium waren neben dem Bundesverdienstkreuzträger Siegfried Kornfeld (83), für den Plattdeutsch nicht nur Muttersprache, sondern auch Leidenschaft ist, die ehemalige Grundschullehrerin Astrid Schoon-Rohlfs (67), die Kindern spielerisch das Niederdeutsche nahbringen möchte, Elisabeth Wullengerd (39), die mit ihren Kindern heute noch plattdeutsch als Familiensprache spricht und Christian Rother (33), der Niederdeutsch und Niederlandistik in Oldenburg studiert. Gemeinsam mit Podium und Publikum wurde diskutiert, wer heute noch Platt spricht, wie die Sprache über Generationen weitergegeben wurde und welche Rolle sie im heutigen Alltag spielt.

Für Siegfried Kornfeld und Astrid Schoon-Rohlfs, die bereits als Kind plattdeutsch zu verstehen lernten, war die Sprache immer schon ein Teil ihres (Familien-)Lebens und eine Sprache, die Türen zu Menschen öffnen kann. Es stellt sich auch die Frage, wie man der nächsten Generation das Plattdeutsche näherbringen kann. Das Podium sieht die Möglichkeit unter anderem über Gedichte und Lieder, die gerade Kinder begeistern können. Das berichtet auch Elisabeth Wullengerd, die mit interessierten Erzieherinnen aus dem Kindergarten ihrer Kinder hochdeutsche Lieder auf Plattdeutsch übersetzt. Auch Astrid Schoon-Rohlfs erzählt, wie sie mit Hilfe des Esels Horst, Maskottchen des Heimatvereins Isselhorst, Kinder spielerisch zum Plattdeutsch lernen animiert. „Das Herz für Plattdeutsch ist offen“, so Schoon-Rohlfs. Anders als bei dem restlichen Podium war Plattdeutsch in der Kindheit von Christian Roter nicht sonderlich präsent, doch der 33-jährige entschied sich trotzdem für ein Studium des Niederdeutschen und brachte so neben der Expertise der Moderatorin Dr. Wallmeier den wissenschaftlichen Aspekt in die Veranstaltung.

Neben der Frage, ob es eigentlich ein Gütersloher Platt gibt – ganz nach dem Motto „Wo kommst du wech?“ – wurde insbesondere die Zukunft des Platt diskutiert. Schoon-Rohlfs plädiert für das Sichtbarmachen von Sprecherinnen und Sprechern mit einem Anstecker an der Kleidung, sodass sich Gesprächspartner leichter erkennen können. Und auch die Künstliche Intelligenz könnte in Zukunft beim Übersetzen helfen, weiß Siegfried Kornfeld. Wichtig sei, so Kornfeld, dass sich die Sprache der Lebensrealität anpasse: man müsse auch heute noch Texte auf Platt schreiben. Dass sich die Sprache in Kombination mit dem Hochdeutschen und auch heutigen englischen Begriffen entwickelt und verändert, lasse die Sprache lebendig bleiben.

Auch das Publikum teilte eigene Erinnerungen und Anekdoten, wodurch ein lebendiger Austausch „über Hoch und Platt“ entstand. Die Mischung aus wissenschaftlicher Perspektive und persönlichem Bezug machte den Abend zu einem besonderen Erlebnis. Das Interesse an der Veranstaltung zeigt: Plattdeutsch lebt – und findet auch in Zukunft seinen Platz in Gütersloh.

Auf großes Interesse stieß das Erzählcafé zum Thema „Plattdeutsch“ in der Holtkämperei Isselhorst +++ Foto: Stadt Gütersloh

Mit Hilfe von Esel Horst animiert Astrid Schoon-Rohlfs Kinder spielerisch plattdeutsch zu lernen +++ Foto: Stadt Gütersloh

Von Julef