Gütersloh (gpr). Körperliche Dynamik, kreative Bewegungsfreiheit und ein einzigartiges Gemeinschaftsgefühl: Am vergangenen Wochenende (25. bis 27. Juli) wurde Gütersloh erneut zum Hotspot der internationalen Parkour-Szene. Die Parkour-Anlage an der Gesamtschule an der Ahornallee – eine der größten ihrer Art in Deutschland – verwandelte sich Dank etwa 30 engagierter Ehrenamtlicher in ein pulsierendes Trainingscamp für Bewegungstalente aus der ganzen Welt. Zum 13. Mal fand das Parkour Camp in Gütersloh unter der Organisation von Claus-Peter Mosner vom Fachbereich Jugend und Familie der Stadt Gütersloh statt. Über 150 Teilnehmerinnen und Teilnehmer – auch Traceure genannt – reisten aus Frankreich, Italien, Mexiko und zahlreichen deutschen Städten an, um an Workshops, Fortbildungen und offenen Trainingsangeboten teilzunehmen. Unter dem Motto „Grow your Skills“ bewegten sich die Teilnehmenden mit kreativen und fließenden Bewegungen über Hindernisse in der Umgebung hinweg – nur mit dem Körper, ohne andere Hilfsmittel – und schulten dabei nicht nur ihre sportlichen Fähigkeiten.

„Hier treffen Generationen, Kulturen und Trainingsniveaus aufeinander – das bereichert nicht nur den Sport, sondern auch unsere Stadt“, betonte Mosner. Diese Vielfalt spiegelte sich auch im Engagement und der Begeisterung der Teilnehmenden wider. So wie bei Jonas Pauldrach aus Berlin, der allein anreiste und schnell Anschluss fand: „Die Workshops bringen mich technisch und mental weiter. Gleichzeitig lernt man ständig neue Leute kennen. Die Community ist einfach großartig.“ Max Hucketewes aus Friedrichsdorf zeigte sich ähnlich begeistert von der Atmosphäre: „Es ist dieses Familiengefühl, welches das Camp so besonders macht.“ Mit dabei hatte er seinen vierjährigen Sohn Nik – den jüngsten Teilnehmer des Camps. Für viele ist es gerade diese offene Atmosphäre, die das Parkour Camp in Gütersloh zu einem Highlight des Jahres macht. Dabei ist es egal, ob die Teilnehmenden bereits Vorerfahrung haben oder nicht. In 15 Workshops konnten die Sportlerinnen und Sportler unter anderem Bogenschießen, Capoeira und neue Bewegungen für ihre Parkoure erlernen. Das Camp setzte vor allem auf Begegnung, Austausch und gegenseitige Inspiration. Übernachtet wurde in selbstmitgebrachten Zelten, die auf dem Gelände der Gesamtschule aufgestellt wurden. Ein zusätzliches Highlight: das tägliche Frühstücksbuffet und das gemeinsame abendliche Grillen.

Auch die Politik zeigte sich beeindruckt: Gitte Trostmann, stellvertretende Bürgermeisterin von Gütersloh, begrüßte die Sportlerinnen und Sportler am Samstag offiziell. In ihrer Rede unterstrich sie den Wert des Camps für das gesellschaftliche Miteinander. „Es ist großartig zu sehen, wie Sport Menschen verbindet. Hier entsteht Gemeinschaft – ganz ohne Grenzen“, so Trostmann. Eine langjährige Wegbegleiterin des Camps ist auch Altbürgermeisterin Maria Unger. Sie hatte bereits vor vielen Jahren die Bedeutung dieser jungen Sportart erkannt und sich stark für die Entwicklung der Parkour-Anlage sowie die Förderung des Camps eingesetzt. Auch in Zeiten knapper Haushaltsmittel hält sie das Engagement der Stadt für unverzichtbar: „Ich bin sehr dankbar, dass trotz der laufenden Haushaltskonsolidierung die personellen Ressourcen für das Camp erhalten geblieben sind.“

Hintergründe des Parkour in Gütersloh

Die Gütersloher Parkour-Geschichte begann 2008 als Gewaltpräventionsprojekt und entwickelte sich innerhalb von zehn Jahren zur größten Parkour-Anlage Deutschlands. Das Projekt ist bis heute so erfolgreich, weil es um mehr geht als um Sport. Jugendliche finden einen Ort für Freundschaft, soziales Engagement und leben ethische Grundsätze – Wettkämpfe spielen keine Rolle. Die Traceure setzen sich individuelle Ziele, erleben den Prozess gemeinsam und lernen voneinander. „Hier entstehen positive Werte“, so Mosner. „Sie entwickeln sich aus den Erfahrungen der Jugendlichen selbst weiter zu einem verlässlichen moralischen Kompass. Nachhaltiger Umgang mit Ressourcen und Demut vor dem eigenen Können gehören ebenso dazu wie kreative Veränderungsbereitschaft.“

Dabei passen die Traceure ihre Bewegungen der Situation an und Unterschiede werden als Bereicherung empfunden. Damit entspricht das Projekt den Grundprinzipien moderner Jugendarbeit: Jugendliche in ihrer Lebenswelt zu erreichen, integrativ und präventiv zu arbeiten und demokratische Teilhabe zu ermöglichen. Rund 200 Aktive trainieren bis zu sechs Mal pro Woche, unterstützt von etwa 30 Ehrenamtlichen, die auch das Parkour Camp organisieren. Neben Camps und Workshops gibt es soziale Projekte, Auftritte und inklusive Angebote sowie Kooperationen mit Jugendsozialarbeit, Schulen und dem Sportbund.

Entwickelt hat sich der Sport Anfang der 90er Jahre in den Vororten von Paris als Ausdruck einer neuen Gegenkultur zu starren Normen. Zu den Idealen gehören Sicherheit, Nachhaltigkeit und Effizienz, es zählen Disziplin, gesunde Ernährung und ein respektvoller Umgang mit Umwelt und Menschen. Diese Philosophie zeigt sich auch in Gütersloh: Die Parkout-Community entwickelte gemeinsam mit Verwaltung und Politik einen offenen Park ohne Zäune. Natürliche und urbane Elemente greifen ineinander und der kreisförmige Grundriss lädt zu zufälligen Begegnungen auf der 1.600 Quadratmeter großen Anlage ein, die durch die großzügige Spende von Werner Gehring erbaut werden konnte. „Wenn wir Jugendkulturen lebendig halten wollen, müssen wir ihnen Raum geben, sie pädagogisch begleiten und den Dialog suchen“, betont Mosner. Parkour in Gütersloh kann sich als Paradebeispiel genau dafür sehen lassen: ein lebensnahes Bewegungsangebot, das Gewaltprävention, die Förderung des Ehrenamts und Inklusion miteinander verbindet.

Weitere Informationen zur Sportart Parkour in Gütersloh finden Interessierte online unter www.parkour-guetersloh.de.

Der 31-jährige David Hoffmann ist aus Düsseldorf angereist und nahm am Workshop „Fluidity“ teil +++ Foto: Simon Schulz/Stadt Gütersloh

Zum 13. Mal fand das Internationale Parkour Camp in Gütersloh statt +++ Foto: Elmedin Osmanaj

Über 150 Teilnehmende reisten aus Frankreich, Italien, Mexiko und zahlreichen deutschen Städten an, um am Parkour Camp in Gütersloh teilzunehmen +++ Foto: Simon Schulz/Stadt Gütersloh

Waren beeindruckt von dem gemeinschaftlichen Miteinander beim 13. Parkour Camp in Gütersloh: (v.l.) Barbara Bierfischer (Privatspenderin), Kay Klingsieck (Vorstandsvorsitzender Sparkasse), Stefan Bierfischer (Privatspender), Ines Lehn (Leiterin der Abteilung Kinder- und Jugendförderung, Stadt Gütersloh), Dr. Martina Schwartz-Gehring (Vorstandsvorsitzende der Osthushenrich-Stiftung), Altbürgermeisterin Maria Unger, Claus-Peter Mosner (Fachbereich Jugend und Familie der Stadt Gütersloh) und Gitte Trostmann (stellvertretende Bürgermeisterin) +++ Foto: Simon Schulz/Stadt Gütersloh

Von Julef