Rund 50 Schüler*innen präsentierten bei „Martini um 12“ die Bilder „ihrer“ Ausstellung – Mit vielen Proben auf den „großen Tag“ hingearbeitet

Minden.
Grazil schreitet eine Schülerin in einem knielangen Tüllrock über den roten Teppich und platziert ein Gemälde auf einer Staffelei – zur Musik „Bilder einer Ausstellung“ von Modest Mussorgsky. Der bekannte Klavierzyklus des russischen Komponisten war der rote Faden, der sich durch das diesjährige Tanzprojekt „Community Dance Minden“ zog. Hunderte Zuschauer*innen verfolgten am vergangenen Samstag (5. Juli) auf und an der Martinitreppe die Aufführung der rund 50 Schülerinnen und Schüler aus sechs Mindener Schulen. Dafür wurde ein roter Teppich unter dem mobilen Dach von „Martini um 12“ ausgerollt. Begeisterter und langanhaltender Applaus war am Ende der „Lohn“ für die Anstrengungen und Proben der vergangenen Monate.

„Sie befinden sich hier quasi in einer Kunstausstellung“, erläuterte der künstlerische Gesamtleiter und Choreograf Miguel-Angel Zermeño zur Einführung. „Bilder unserer Ausstellung“ lautete denn auch der diesjährige Titel des städtischen Tanzprojektes. Schülerinnen und Schüler aus den in diesem Jahr beteiligten Schulen hatten sich ein Bild ausgesucht, welches ihre Choreographie inspirieren sollte. Mit Unterstützung der Tanzpädagoginnen und –pädagogen verwandelten die jungen Schüler*innen die statischen Gemälde dann in Tanz und ausdruckstarke Bewegungen. Dabei nutzten sie ganz unterschiedliche Tanzstile und Musik, die von Klassik bis Hip-Hop reichte. Durch die einfallsreichen Kostüme von Textildesignerin Laura Schlütz – neu im Team – hat jede Tanzgruppe auch optisch ihren eigenen Stil.


In zahlreichen Proben hatten die Mädchen und Jungen auf diesen „großen Tag“ hingearbeitet. Die Aufregung war ihnen anzumerken. In einem abgegrenzten Bereich der Treppe warteten sie um kurz vor zwölf gespannt auf ihren Auftritt. Eltern, Geschwister, Freunde, Klassenkamerad*innen, Lehrer*innen und Schulleitungen hatten sich unter das Publikum gemischt. Jeden Samstag um 12 Uhr treten von Anfang Juni bis Ende September Musiker*innen, Gruppen, Orchester, Chöre und eben auch Schüler*innen in der Veranstaltungsreihe „Martini um 12“ auf, die mittlerweile sehr viele Fans in Minden und auch bei Besucher*innen der Stadt hat. Denn die von der Minden Marketing GmbH organisierten Konzerte und Aufführungen sind stets umsonst und draußen.

Die Schüler*innen der Kuhlenkampschule gestalteten den Anfang der rund 30-minütigen Aufführung. Bunte Luftballons in Herzform standen im Mittelpunkt ihres Tanzes. Diese sind auch auf dem Bild zu sehen, welches Zehntklässler*innen zur Zertifizierung als „Schule ohne Rassismus“ geschaffen haben. Eine romantische Ballettszene hingegen hatten sich die Schülerinnen der Freiherr-von-Vincke-Realschule als Vorlage ausgesucht. Das setzten sie mit einer, am klassischen Ballett orientierten Darbietung zunächst in grazile Bewegungen um, um dann – ohne Tüllröcke – mit einem modernen Tanz zu Popmusik zu überraschen. Angeregt von einem Gemälde Jörg Boströms ging es bei der Gruppe des Ratsgymnasiums um Konflikte. Zu Mussorgskys dramatischer Musik tanzten die Schülerinnen eine Geschichte von Bedrohung, Kampf und Überwindung.

Die Waldorfschüler*innen hatten ein expressionistisches Gemälde ausgewählt. Sie stellten in ihrem Tanz mit Fächern, Stoffbahnen und Tüll die Elemente Feuer, Wasser und Luft dar. Die Reigen tanzenden Frauen des Jugendstilkünstlers Franz von Stuck setzen drei Schülerinnen der Sekundarschule bildgetreu in ihrem Tanz mit bunten Schärpen um. Nicht mit einem Gemälde, sondern einem Banksy-Graffiti tanzte die Lutherschule „aus der Reihe“. Das Bansky-Motiv zeigt einen Mann, der graue Wandfarbe wie einen Vorhang vor einem bunten Hintergrund beiseiteschiebt. Passend dazu sprangen die Schülerinnen und Schüler durch ein Loch in einem grauen Stück Stoff auf die Bühne. Dazu begeisterten sie – ausgestattet mit Handschuhen in Neonfarben – mit einer Hip-Hop-Darbietung und akrobatischen Einlagen.

„Community Dance Minden“ geht nun in das 18. Jahr. Das Tanzprojekt ist seit 2008 ein fester Bestandteil der Mindener Kultur- und Tanzszene geworden und für viele Schulen mittlerweile ein „Herzensprojekt“. „Community Dance“ bringt tanzbegeisterte Schüler*innen aus unterschiedlichen Schulformen zusammen. „Sie lernen neue Tanz- und Musikstile kennen, trainieren ihre Fähigkeiten und beweisen ihr tänzerisches Können“, so Kim Brungs vom Kulturbüro der Stadt Minden. Dort laufen die Fäden des Projektes alljährlich zusammen.

Die professionellen Tanzdozent*innen begleiten bei den Proben an den Schulen und bei Gemeinschaftsproben. „Sie sind das Herz von Community Dance. Wir alle sind über die Jahre eine große Familie geworden“, lobt Miguel-Angel Zermeño. Er ist der einzige, der von Anfang an dabei ist. Manche Tanzdozentin kann aber auch schon auf mehr als 15 Jahre „Community Dance“ zurückblicken. Zermeño freute sich bei der zweiten großen gemeinsamen Probe im Juni vor allem darüber, erneut „die Gesellschaft zusammen zu bringen“. Das heißt für ihn, dass sich 50 weitgehend unbekannte Schüler*innen gegenseitig kennenlernen und in Bewegung gebracht werden.

Auf der Martinitreppe wurde am 5. Juli als Untergrund ein roter Teppich ausgerollt und auf der Fläche befestigt. Rot deshalb, weil die Kinder und Jugendlichen die „Stars“ sein sollen, so Zermeño. Das Publikum sollte sich wie in einer Kunstausstellung fühlen – mit dem Unterschied, dass frau/man nicht zu den Bildern geht, die sie/er sehen will, sondern die Bilder kommen zu den Zuschauenden. Die Kostüme und Requisiten gestaltete Textildesignerin Laura Schlütz. Sie setzt unter anderem auch auf Upcycling-Elemente.

Beteiligte Schulen waren in diesem Jahr bei „Community Dance Minden“ die Freie Waldorfschule Minden unter der Leitung von Laura Álvarez, die Freiherr-von-Vincke-Realschule unter der Leitung von Kira Bekemeyer sowie die Kuhlenkampschule unter der Leitung von Elke Moormann. Ferner mit dabei sind die Lutherschule unter der Leitung von Toni Schönebeck, das Ratsgymnasium mit zwei Tanzgruppen unter der Leitung von Petra Brozmanová-Nottmeier und die Sekundarschule am Wiehen ebenfalls unter der Leitung von Laura Álvarez.

Auch das Projekt 2025 wurde von der Sparkasse Minden-Lübbecke finanziell unterstützt. Sie ist als Partner von Anfang an mit im Boot. „Es ist bemerkenswert, wie verschiedene Schülerinnen und Schüler unterschiedlicher Schulen bei diesem Projekt durch den Tanz zusammenkommen. Wir sind als Sparkasse Minden-Lübbecke froh, Community Dance auch 2025 wieder begleiten zu können und damit ein durch die Schülerinnen und Schüler getragenes kulturelles Highlight im Herzen Mindens zu unterstützen“, so Sparkassen-Vorstand Thomas Beuchel, der die Probe im Juni verfolgte. Vorstandssprecher Markus Schaly war bei der Aufführung am 5. Juli dabei.  

Für das nächste Jahr ist eine große Produktion geplant – mit noch mehr beteiligten Schulen. Für die Aufführung ist Mitte Mai 2026 bereits das Stadttheater „gebucht“, so Kim Brungs.

Von visionary