Das „PopKabarett Korff-Ludewig“ und die österreichisch-serbische Künstlerin „Malarina“ erhielten die Auszeichnung am 16. November
Minden. Gut 1800 Gramm bringt er auf die Waage, ist aus Bronze und heißt einfach nur „Stichling“. Er ist ein „gewichtiger Preis“ – im doppelten Sinn. „Denn der Förderpreis der Stadt Minden hat Gewicht im deutschsprachigen Kabarett“, wie Bürgermeister Michael Jäcke zu Beginn der Gala im Stadttheater hervorhob. Nun wurde der Preis zum 16. Mal verliehen. Genau 30 Jahre ist es her, als die ersten Preisträger in Minden ausgezeichnet wurden. Das waren 1994 Lars Reichow und das Duo „Phrasenmäher (Armin Ballert und Frank Lüdecke). Nicht wenige Preisträger*innen haben danach Karriere auf deutschen Bühnen und im Fernsehen gemacht.
Über die Auszeichnung freuen durften sich in diesem Jahr die österreichisch-serbische Kabarettistin „Malarina“ sowie die das „PopKabarett Korff-Ludewig“. Michael Jäcke überreichte am 16. November abends auf der Bühne des Stadttheaters vor rund 450 Zuschauer*innen die bronzenen „Stichlinge“ und die Urkunden. Das von den Sponsoren gestellte Preisgeld von je 4.000 Euro wird überwiesen. Jäcke bedankte sich herzlich bei der Unternehmensgruppe Melitta und der Sparkasse Minden-Lübbecke für die erneute finanzielle Unterstützung, „ohne die es diesen Preis vermutlich nicht mehr geben würde“.
Die Solistin und auch die Gruppe präsentierten Auszüge aus ihren aktuellen Programmen. Moderiert wurde die Gala im Stadttheater vom bekannten Kabarettisten Christoph Sieber („Mann, Sieber!“ und „Mitternachtsspitzen“), der das Publikum begeisterte. Er erhielt 2012 den Kabarettpreis „Mindener Stichling“ und ist zurzeit mit seinem Programm „Weitermachen!“ auf Tour. Erstmals gab es im oberen Foyer eine Foto-Box. Zuschauer*innen konnten sich hier in der Pause mit einer roten Kopie des „Stichlings“ – ein 3D-Druck – ablichten lassen, was gut ankam.
Erneut habe die hochkarätig besetzte Jury „ein gutes Gespür“ bei der Auswahl der Preisträger*in bewiesen, lobte Bürgermeister Jäcke zu Beginn und zeigte sich auch am Ende der Gala vom Programm begeistert. Die Solo-Künstlerin, das Duo und der Moderator bescherten dem Publikum einen abwechslungsreichen Abend – mit nachdenklichen Momenten („Malarina“), frechen Liedtexten (PopKabarett) und einer messerscharfen Analyse der aktuellen politischen Lage (Sieber).
Christoph Sieber eröffnete den Abend mit Spitzen auf die zerbrochene Ampel. Auch sprach er in seiner Analyse die bevorstehende zweite Amtszeit des US-Präsidenten Donald Trump an: „Der Clown ist schon in der Stadt, der Zirkus kommt hinterher.“ Auch Elon Musk stand im Fokus, der „mit der Verbreitung von Hass 5 Milliarden Dollar verdient hat“. Dem schnellen Wandel in der heutigen Zeit könne das menschliche Gehirn einfach nicht mehr folgen, so Siebers Theorie. „Wir stehen vor großen Veränderungen durch die Klimakrise und Kriege mit einem Hirn, das im Neandertal hängen geblieben ist.“
„Malarina“, mit bürgerlichem Namen Marina Lacković und wohnhaft in Wien, hatte ihren großen Auftritt im ersten Teil der Gala. Sie zog das Publikum mit einer spannend erzählten, persönlichen Lehrstunde zur österreichisch-serbischen Geschichte in den Bann – von der Ermordung des österreichischen Thronfolgers Franz Ferdinand (was den Ersten Weltkrieg auslöste) bis hin zur wachsenden Macht der FPÖ. Auch die eigene Familiengeschichte floss ein. „Malarina“ gab tiefere Einblicke in die gespaltene Welt von „Schwabos“ – so nennen die Einwohner*innen des früheren Jugoslawien die Österreicher und Deutschen – und „Tschuschen“, das ist im österreichischen Deutsch eine umgangssprachliche, abwertende Bezeichnung für Angehörige von südosteuropäischen Völkern. Ihr von viel Zynismus und Empathie begleiteter Auftritt sollte nachdenklich machen, was ihr auch gelungen ist.
Im zweiten Teil ging es nach erneut mit viel Applaus bedachten Anmerkungen Siebers („Demokratie ist ein großes Geschenk!“) mit dem „PopKabarett Korff-Ludewig“ beschwingt und musikalisch weiter. Mit Anmoderationen des Entertainers und Sängers Bastian Korff, witzig-frechen Liedtexten sowie dem überzeugenden Klavierspiel von Florian Ludewig zeigten die beiden Künstler dem Publikum „wie der Rock ‘n Roll des Alltags“ geht. Ihre Geschichten spielen in der ganz normalen Welt. „Best Ager“ oder auch „Silver Surfer“ haben hier genauso ihren Platz, wie die Zeitschrift „Moderne Hausfrau“, vegane Heldinnen oder auch nur eine Tüte Brause. Der Auszug aus ihrem Programm endet mit einem Stück über ein Krippenspiel, in dem niemand die Maria geben wollte – außer Rudi, der am Ende die Rolle bekommt.
„Sie werden es nicht glauben, aber auch der Stichling hat Lampenfieber. Denn auf diesen Tag hat er hart hingearbeitet und auf seiner Reise in den vergangenen Monaten ganz viel erlebt“, gab sich Bürgermeister Jäcke zu Beginn der Gala gut gelaunt. Die Reise konnte man unter anderem auf dem Instagram-Kanal des Kulturbüros verfolgen und die Zuschauer*innen konnten dieses auch noch einmal in einer Zusammenfassung auf einem Bildschirm im Foyer des Theaters sehen. „Der Stichling hat mich auch im Bürgermeisterbüro besucht. Und obwohl ich wenig Zeit hatte, konnten wir ein bisschen über die Kunst des Kabaretts plaudern“, berichtete Jäcke.
Station hat der Stichling auch bei den Sponsoren gemacht. So konnte er die Produktion von Melitta-Filtertüten hautnah mitverfolgen und durfte im Papier-Lager auf dem Gabelstapler mal ganz hoch hinaus. Bei der Sparkasse hat er ein Konto eröffnet und konnte sich „nach einem zahlenreichen Tag“ hoch über den Dächern von Minden in der Kantine stärken. Zuletzt schaute er im Stadttheater vorbei und sah sich schon mal die große Bühne an, wo er nun am 16. November seinen großen Auftritt hatte (#kultur, #kulturbüro, #kabarett, #sparkassemindenluebbecke, #melitta).
Weitere Informationen zum Kabarett-Förderpreis
Alle zwei Jahre seit 1994 vergibt die Stadt Minden den bundesweit anerkannten Kabarett-Förderpreis an Talente, die „neuartig und bereichernd für das Genre“ sind. Die deutschsprachigen Preisträger*innen – „Malarina“ ist die erste aus Österreich – werden von einer mit Expert*innen besetzten Jury ausgewählt. Diese besteht aus Elke Frühling (Kulturjournalistin), Funda Gür (künstlerische Leiterin des BÜZ), Birger Hausmann (Mindener Stichlinge), Andrea Krauledat (Intendantin Stadttheater), Simon Strehlau (Redakteur WDR), Hans Jacobshagen (Kulturjournalist), Gabriele Killert (Publizistin) und Michael Laages (Dramaturg und Journalist).
Die Preisverleihung fand – nach einem Gastspiel 2022 bei der Kulturpromenade an der Weser – nun erneut im durchsanierten Stadttheater Minden statt. Die Gala wurde vom WDR für den Hörfunk aufgezeichnet und kann von allen interessierten Bürger*innen am Samstag, 23. November, ab 15.04 Uhr auf WDR 5 genossen werden.
Den Kabarett-Förderpreis „Mindener Stichling“ gibt es seit nunmehr 30 Jahren. Namensgeber ist das älteste aktive Amateur-Kabarett in der Bundesrepublik Deutschland. Die 1966 gegründeten „Stichlinge“ hatten sich zu ihrem 25. Jubiläum als „Geschenk“ den Preis von der Stadt gewünscht, um auch den Kabarett-Nachwuchs fördern zu können. Das „Geschenk“ konnte dann erst einige Jahre später realisiert werden. Den bronzenen Stichling hat Katja Hausmann-Seeger gestaltet.